Schau dir eine Tasse mit einem Henkel an. Für mich ist der Henkel rechts. Sitz dir jemand gegenüber und schaut die gleiche Tasse an, ist der Henkel für diese Person links.
Du beobachtest beim Verabschieden ein Lächeln auf dem Gesicht deines Gegenübers und interpretierst, dass er die Präsentation gut fand. Du nimmst neben dem Lächeln ein ungutes Gefühl in deinem Bach war und die gleichzeitige Kälte in seinen Augen. Du erinnerst dich wie es bei einer früheren Zusammenarbeit war. Du hast kein gutes Bauchgefühl für die Weiterentwicklung bei diesem Projekt.
Die Wahrnehmung ist eine wichtige Kompetenz für jede Art von Beziehung und um lösungs- und ressourcenorientiert zu analysieren, zu handeln und um Ziele zu erreichen. Doch wie die oberen Beispiele zeigen und wir schon selber mehrfach erlebt haben, ist Wahrnehmung subjektiv und selektiv. Sie ist gleichzeitig von unterschiedlichen bewussten und unbewussten Faktoren beeinflusst wie Sinnesfähigkeit, Beziehungsqualität, emotionale Anteile, Absichten, Prägungen etc. Insbesondere starke Parteilichkeit, emotionale Betroffenheit, ausgeprägte Vorurteile, körperliche Verfassung wie Müdigkeit und Nervosität beinträchtigen die Beobachtungs- und Wahrnehmungsfähigkeit und verzerren die Interpretationen und Intuitionen.
Unter Beobachtung wird ein zielgerichtetes und detailhaftes Schauen verstanden und unter Wahrnehmung ein unfokussiertes und absichtsloses Empfangen von allen Sinneseindrücken. Diese Eindrücke können in uns Resonanz auslösen wie Körperreaktionen, Einfälle, Ahnungen, innere Bilder, Handlungsmotivation, Leere, etc.
Um diese Subjektivität und Selektivität bewusster zu machen, kann ich mich fragen: Was beobachte ich gerade und wozu? Wem dient das? Was fällt mir besonders auf? Was übersehe ich gerade? Welche Schlüsse ziehe ich daraus? Wem dienen sie? Welche Annahme wird dadurch bestätigt, welche in Frage gestellt? Ist meine wahrnehmende Haltung an eine Offenheit geknüpft oder habe ich gewisse Vorstellungen oder Wünsche, die ich gerne bestätigt haben möchte?
Das Wissen um die Subjektivität und Selektivität der Wahrnehmung kann uns helfen offener und weniger urteilend in herausfordernden Situationen zu reagieren. Der blinde Fleck bleibt.
Im Blog « neue Wege mit offenen Sinnen» erfährst du, wie du Faktor «Sinne» für deine Wahrnehmung schärfen kannst und zudem durch «Präsenz im Moment» und in der Natursein deinen Körper entspannen kannst.
Quelle: u.a. Kreszmeier, A & Hufenus, H. (2000). Wagnisse des Lernens. Haupt.