Eröffne dir neue Wege durchs Kennenlernen des Prozesses durch das U und der verschiedenen Zuhörerebenen. Bekomme einen ersten Eindruck über das Handeln aus deinem Innern heraus.
Wieso braucht es die Theorie U?
Wir können Ziele erreichen, die uns der Verstand vorgibt. Doch können so wirklich neue Wege entstehen und Lösungen für die neuen ökologischen und sozialen Probleme unserer Zeit gefunden werden? Gemäss der Theorie U von Otto Scharmer, der in der Unternehmensentwicklung forscht, reicht das Lernen aus der Vergangenheit nicht um neue Wege zu gehen, um Auszubrechen aus alten Mustern. Neue Herausforderungen verlangen, dass wir uns entschleunigen, innehalten, die wichtigen Antriebskräfte der Veränderung erspüren, die Vergangenheit loslassen und die Zukunft, die entstehen möchte, kommen lassen. (O. Scharmer, Essentials der Theorie U, S.26). Dabei spielt auch die Gemeinschaft, das kollektive Wissen, eine bedeutende Rolle. Führen wir dieses und unseren individuellen Erfahrungen zusammen, summiert sich daraus ein immenser Schatz an zukunfts-kreierenden Ideen. Dazu müssen wir vor allem eines: Zuhören.
Lass dich beim Lesen dieses Blogs auf einen neuen Weg ein. Dazu braucht es ein Öffnen des Denkens (open mind), des Herzens und des Willens. Wir hören einander zu mit der vollen Aufmerksamkeit ohne bei der ersten Gelegenheit die eigenen Gedanken reinbringen zu wollen und diese am liebsten bestätigt zu finden. Es geht um neue Perspektiven und ums Sichtbarmachen von dem was in uns ist. Nach dem «Sammeln» darf in Ruhe etwas Neues entstehen. Was wissen wir nicht, vielleicht passt die Erkenntnis im ersten Moment nicht in dein Denken. Insbesondere wenn dieser Weg für dich Neuland ist, lade ich dich ein, was kommt als Geschenk zu betrachten. Vielleicht zeigt sich sein Nutzen oder der nächste Schritt für dich erst später in den nächsten Tagen, Wochen oder Monaten. Zuerst braucht es Zeit und eine Handlung wie Wandern, Kochen, gemeinsam essen etc und die Haltung «open mind, open heart, open will». Im Sinne von, wer kennt nicht die Situation: Du studierst in der Sitzung erfolglos an einer Lösung rum und dann später beim Joggen oder unter der Dusche kommt sie, nachdem du in die Handlung gekommen bist.
Zuhörebenen
Das gegenseitige Zuhören mit den vier Ebenen ist relevant fürs Verständnis. Die Theorie U plädiert für ein zeitweises Zurückstellen der eigenen Ziele und Interessen. Sie spricht sich dafür aus, dem Gesprächspartner den Raum zu geben, den er braucht, um sich zu öffnen, sich zu zeigen und zu entfalten. Damit sich das Größere dahinter zeigen kann. Die Qualität meines Zuhörens gestaltet mit, wie sich ein Gespräch entfaltet. Für die Theorie U braucht es für den Idealfall das schöpferische Zuhören. Auch die anderen haben gemäss dem Ziel des Gesprächs ihre Wichtigkeit. Manchmal muss ich einfach eine Geschichte erzählen um sie loslassen zu können, weil sie mich belastet hat und brauche keinen Dialog dazu. Vielleicht ist es hilfreich, sich vor dem Gespräch gemeinsam auszutauschen, was jeder braucht und wie die Ressourcen sind z.B. Zeit.
Downloading ist ein oft oberflächlicher Monolog, bei dem kein Kontakt mit dem anderen besteht. Beispielsweise erzählt dir ein Freund von seinen Bikeferien in Italien. Du wartest auf den Moment, wo du den Ball nehmen kannst und von deinen Bikeferien in Schottland erzählen kannst und so weiter. Es geht ums Bestätigen der persönlichen Denkmuster und es besteht keine Offenheit gegenüber Denkweisen, die nicht mit den eigenen übereinstimmen.
Faktisches Zuhören ist eine lebhafte Diskussion, bei der der Fokus der Aufmerksamkeit auf der Sachebene liegt. Der Zuhörer gleicht sein Wissen mit dem des Gegenübers ab: Was weiss er? Was weiss ich? Inwiefern gibt es Übereinstimmungen und Unterscheidungen? Der Zuhörer bleibt bei seiner Ansicht, integriert jedoch neues Wissen rational. Diese Art des Zuhörens finden wir z.B. häufig in der Wissenschaft.
Empathisches Zuhören ist ein Dialog mit offenem Herzen, bei dem sich die Gesprächspartner gesehen und gehört fühlen. Als Zuhörer versetze ich mich empathisch in den Sprechenden hinein, ich nehme seine Perspektive ein, so dass ich auch seine Motive, Gefühle und die Botschaft hinter den Worten wahrnehmen kann. Insbesondere bei intensiven
Emotionen des Gegenübers, ist es wichtig diese in dir wieder bewusst loszulassen nach dem Gespräch.
Schöpferisches Zuhören ist ein Dialog bei dem etwas Neues entsteht, aus der tiefen Verbundenheit und dem Verständnis für die Sichtweise des anderen heraus. Das Gespräch wird durch Intuition und Offenheit geleitet. Erfahrungen, Wissen, Sichtweissen addieren sich, der Blick wird geweitet, so dass etwas Grösseres sichtbar wird. Wir fühlen uns zusammen im «Flow», in einer anstrengungslosen Leichtigkeit. Ich bin offen, für was mich anspricht, mir als Geschenk entgegenkommt. Es macht etwas mit mir und bin berührt, von dem was sich gerade entwickelt. Dies kann nicht erzwungen, sondern nur mit einer offenen Haltung und sicheren Rahmenbedingungen begünstigt werden.
Theorie U
Am Anfang entscheidest du bewusst oder unbewusst, dass du einen anderen Weg gehen möchtest. Du stoppst das Downloading und das Handeln in den gewohnten Mustern. Du öffnest dein Denken, beginnst mit neuen Augen zu sehen und hörst zu. Du lenkst deine Aufmerksamkeit auf «was kommen möchte» weg von Fakten und Vorstellungen. Du öffnest dein Herz, hörst empathisch zu und spürst mit allen Sinnen. Du öffnest deinen Willen und lässt alle Absichten und wie du dich und die Welt siehst los. Du bist nun im schöpferischen Dialog mit anderen oder mit dir alleine unterwegs. Im Presencing (Presence und Sensing) bist du anwesend in einem Raum der äusseren und inneren Stille und mit deiner inneren Quelle verbunden aus der Neues entsteht (lese unten mehr über Presencing). Die Vision, das neue Bild, die vage Idee, eine Ahnung wohin es geht entsteht, lass sie kommen und gehe damit weiter (verdichten). Probiere das Neue sofort aus. Erfahre und erforsche es mit deinen Händen, komme ins Handeln. So kannst du auch möglichst früh scheitern um zu Lernen. Arbeite mit deinem Körper mit, so dass du resonanzfähig bist und Rückmeldungen über deinen Prototyp von allen Sinnen empfangen kannst. Frage dich immer wieder, ob du noch offen bist oder deinem Prototyp z.B. bereits die Absicht «Geld verdienen» übergestülpt hast. Verwirkliche, realisiere, was unten im U entstanden und im aufsteigenden U sich konkretisiert hat. Gestalte den Wandel mit und bringe es in die Welt.
Auf dem Weg gibt es drei hinderliche Stimme. Die Stimme des Urteilens versperrt den Zugang zum offenen Denken. Wenn du wie viele eine starke Kopfstimme hast, empfehle ich dir den Blog «Körperstimme». Neugier und offenes Interesse bringen dich auf dem U weiter. Die Stimme des Zynismus versperrt den Weg zum offenen Herz, damit sind alle Handlungen der Distanzierung gemeint. Auf dem U musst du bereit sein, dich in eine Position ehrlicher Offenheit und dadurch auch möglicherweise Verletzbarkeit zu begeben. Mitgefühl von allen bringt uns weiter. Die Stimme der Angst will dich davon abhalten, das loszulassen, was du hast und was du bist. Sie zeigt sich z.B. als Angst etwas zu verlieren. Umso wichtiger ist es v.a. als Führungsperson einen schützenden Raum zu schaffen um Altes loszulassen, so dass Neues kommen kann. Der Mut und das Vertrauen bringen dich weiter auf dem U.
Die Theorie U kommt ursprünglich aus dem Bereich der Unternehmensentwicklung. Heute ist sie auch Grundlage für eine globale Bewegung zum Wandel unserer Gesellschaft und den damit verbundenen sozialen und ökologischen Herausforderungen. Es braucht für mich diesen neuen Weg für die Herausforderungen in unserer VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity), welche sich durch Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit auszeichnet.
Der Weg durchs U eignet sich auch für persönliche Themen. Der schöpferische Dialog ist beschreiben zwischen Menschen. Für deinen persönliche Prozesse kann dieser mit Menschen, mit deinen unterschiedlichen inneren Stimmen oder im Kontakt mit der Natur und der Kreativität geschehen.
Dein Weg auf dem U
Bist du gwundrig auf deinen Prozess im U? Hast du den Prozess im U bereits erleben dürfen? Gibt es ein Projekt, ein Wunsch, ein Ziel, ein Bedürfnis bei welchen du dich auf diesen neuen Weg machen möchtest? Die Chance ist gross, dass etwas ganz anders entstehen wird. 😉
Ich empfehle dir langsam einzelne Aspekte aus der Theorie U in dein Leben zu integrieren. Wie wäre es dich mal auf deine Offenheit zu achten oder dich als Zuhörer*in zu beobachten. Für den Weg auf den U-Seiten unterstützen dich auch die Blogs «Neue Wege mit offenen Sinnen» oder «Körperstimme» oder «subjektive Wahrnehmung». Du wirst wohl auch raus aus der «Komfortzone» gehen müssen, so kann dir auch dieser Blog Wegideen geben. Bist du jemand der gerne Beispiele hat? Diese findest du auf «meinem Weg» oder gehe am besten «deinen Weg» mit dem Thema «auf Empfang sein». Für den Weg im U musst du «auf Empfang sein».
Presencing
Das Verständnis von Presencing ist für mich die grösste Herausforderung. Lass dir Zeit damit. Bis jetzt habe ich es wie unten beschrieben erfasst. Ich freue mich sehr von deinem Verständnis davon zu hören, so kann ich meines vertiefen.
Gemäss Otto Scharmer heisst Presencing von der höchsten Zukunftsmöglichkeit her wahrnehmen und handeln, erspüren und vergegenwärtigen des höchsten zukünftigen Potenzials.
Beim Presencing geht es darum dich mit deiner inneren Quelle zu verbinden, von wo aus dein Handeln entsteht. Dies ist meistens ein blinder Fleck. Wir sehen, was wir tun (Resultat). Wir sehen, wie wir es tun (Prozess). Aber meistens wissen wir nichts über das woher, über den inneren Ort bzw. die Quelle, aus der unser Wirken entspringt. Mir gefällt der Vergleich mit den drei Perspektiven bei der Betrachtung von Kunst. Wir können das Gemälde betrachten (Resultat). Wir können den Künstler beim Malen beobachten (Prozess). Oder wir können den Künstler in dem Moment beobachten, wenn er vor der leeren Leinwand steht (Quelle).
Du kannst dich somit fragen, aus welcher Quelle entsteht dein Handeln, deine Kommunikation, deine Wahrnehmung? Welche Quelle des Zuhörens, welche Qualität der Aufmerksamkeit bringst du in eine Situation ein und wie verändert diese Qualität die Muster der Interaktion?
Gemäss Guido – einem Ausbildungskollege – ist der innere Ort erreichbar durch Innehalten, Hineinspüren und Loslassen. Geprägt sei der innere Ort durch den Selbstwert, der durch die Kindheit und spätere positive Erlebnisse entsteht, die Haltung, welche mit den eigenen Werten zusammenhängt und der Intuition, welche auf der offenen Wahrnehmung basiert (Blog «subjektive Wahrnehmung»).
Quellen: u.a. Scharmer, O. (2019). Essentials der Theorie U. Carl-Auer. Zeichnung ergänzt und adaptiert aus vielen unterschiedlichen Graphiken u.a. Scharmer, Planoalto
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